Donnerstag, 26. Dezember 2013

Oh nein. Schon wieder saurer Regen.

Endlich habe ich Heavy Rain durchgespielt. Wobei "gespielt" vielleicht eine etwas großzügige Formulierung ist. Heavy Rain ist ein Thriller über einen Serienkiller, verpackt als interaktiver Film der größtenteils auf Quick Time Events basiert. Prinzipiell ist das Konzept an sich ganz gut. Ein Spiel abseits von den üblichen Konventionen einer Triple-A Produktion. Ein Fokus auf Story und Darsteller und Gameplay-Mechaniken die sich den normalsten Situationen anpassen, anstatt uns mit einem Fadenkreuz durch Korridore zu scheuchen. Zu doof, dass es keines dieser Dinge auch nur ansatzweise zufriedenstellend bewätigt.


Ich weiß gar nicht so richtig wo ich anfangen soll. Heavy Rain war alles im allem ein wirklich furchtbares Spiel. Die Steuerung, die Charaktere, die Technik, die Story und natürlich der finale Twist. Aber eins nach dem anderen.

"Gameplay"
Zwar habe ich die Move Edition zum Spielen gehabt, aber da ich keine Move Controller besitze (hab ja schon 'ne Wii *badum-tish*), habe ich Heavy Rain mit einem normalen Six Axis Controller gespielt. Doch auch damit ist die Steuerung wirklich katastrophal. Man fühlt sich an die frühsten Anfänge von Resident Evil erinnert, so hakelig und ungenau ist es, einen Charakter durch enge Räume zu lotsen.

So ziemlich jede Aktion die ihr ausführt wird von einer bestimmten Tastenkombination oder einer Bewegung mit dem rechten Stick begleitet. Egal ob sich der Charakter hinsetzt, einen Schrank aufmacht, jemanden schlägt, den Tisch deckt oder sich aus einem sinkendem Auto befreit, alles wird "direkt" gesteuert. Das ist ab und ganz putzig, wie man den Stick langsam im Kreis bewegen muss um eine Wunde zu verarzten, geht einem manchmal aber durch Fingerverknotereien auf den Keks. Auf der einen Seite ist es wirklich ganz interessant jede Aktion einer Figur zu kontrollieren und ein Knopf nicht für alles zuständig ist, vom Türen öffnen bis zu CPR. Aber oft folgt man doch einfach nur Anweisungen und es ist nicht ersichtlich, warum man hier jetzt erst langsam Quadrat, dann Kreis und die L2-Taste drücken soll. Es findet keinerlei Gameplay Lernkurve statt, weil einem in jeder Szene exakt vorgesetzt wird, welche Tasten man drücken muss, damit die Handlung weitergeht.
Die Actionszenen sind dann wahre Quick-Time-Orgien bei denen deutlich wird, warum das ganze Konzept einfach nicht funktioniert. Oft ist eine Szene einfach zu schnell (oder vielleicht sogar zu spannend), als das man Zeit hätte auf die aufleuchtenden Tasten zu reagieren. So habe ich mehrere Szenen "versaut" und musste aufgrund des linearen Aufbaus mit dem Ergebnis leben. Doch dann gibt es aber auch Unmengen an Szenen in denen es anscheinend völlig egal ist, ob ihr die QTEs bewältigt oder nicht. Im schlimmsten Fall wird eine kurze Szene hinzugefügt, in der sich ein Charakter aus einer neuen Bredoullie retten muss. Es ist einfach kein gutes Spiel. Will es ja auch nicht wirklich sein. Sondern ein interaktiver Film. Aber diesen muss man dann anhand von anderen Kriterien bewerten.

Die Charaktere
Vier Charaktere auf der Suche nach einem Killer. So weit, so gut. Würden wir uns für die Charaktere interessieren. Ich gebe zu, Ethans Ausgangssituation ist in der Tat sehr dramatisch. Die Performance allerdings nicht, Ethan ist eine unfassbare Schlaftablette. Die besten Motion Capture Verfahren der Welt nutzen nichts, wenn die Person die aufgenommen wird nicht schauspielern kann. Und Studios wie Naughty Dog realistischere Gesichter ohne die Hilfe dieser Technologie kreieren.

Die erste Hälfte des Spiels hat man das Gefühl, dass die Handlung auf der Stelle tritt. Viele Szenen sind für die Gesamthandlung und Charakterisierung der Figuren völlig nutzlos, wie zum Beispiel Madisons Einführungskapitel. Hier wird sie Nachts in ihrer Wohnung, noch lange bevor wir ihren Namen, Beruf oder Verbindung mit der Handlung erfahren, von drei maskierten Männern überfallen, die sie allem Anschein nach töten wollen.


Auch wenn sie die Angreifer besiegt, am Ende erwischt sie ein letzter im Bad. Glücklicherweise war alles nur ein Traum und dadurch ist die gesamte Szene...

Auch in meinem Freundeskreis habe ich keine zufriedenstellende Antwort auf Madisons Rolle im Spiel finden können.


Madison ist für einen Großteil des Spiels einfach nur nutzlos und scheint nur im Spiel zu sein, um eine Quote zu erfüllen. Es dauert fünf Kapitel bis wir erfahren, was überhaupt ihr Job ist! Und erinnert mich nicht an die Sache mit dem Arzt.
Das heißt, nein, reden wir über die Szene mit Arzt. Vor ein paar Jahren, als ich Kontakt mit Regine Pfeiffer hatte, ging es unter anderem ebenfalls um Heavy Rain und die Szene mit dem verrückten Arzt. Es war eines der Spiele, das von Pfeiffer in der Sendung FrauTV und ihrem Blog angeprangert wurde.
Egal, ob Madison getötet wird, oder ob einem ihre Befreiung gelingt, und sie dann den Doktor tötet: Das Bild von dem Bohrer, der sich langsam auf die die Genitalien der Frau zu bewegt, dieses Bild  in die Köpfe von Jugendlichen  zu bringen, das ist der Skandal.
Einen viel größeren Skandal finde ich ja, dass die Szene für die gesamte Handlung ebenfalls völlig nutzlos ist. Ja, sie findet dort einen Hinweis auf den Nachtclub den sie als nächsten besuchen muss, aber es ist nicht so, dass die Gefahr in dieser Szene in irgendeinem Zusammenhang mit dem Origami-Killer steht. Es fühlt sich wirklich an als wäre es nichts weiter als Fetish Fuel. Für einen Charakter der einen Großteil des Marketings in Anspruch nahm ein ziemliches Armutszeugnis.
Im Ernst: Sie ist nur deshalb so weit vorne auf dem Cover weil sie Brüste hat.

Während der Spieler Madison dabei verfolgt, wie sie überhaupt nichts zur Handlung beiträgt, kommt der FBI Agent Jayden von ganz allein an neue Hinweise und Erkenntnisse, ohne, dass wir diesen Entdeckungen beiwohnen könnten. Die Opfer werden also in ein Loch gesperrt, dass sich langsam mit Regenwasser füllt? Wäre das so schwer gewesen, diese Schlussfolgering im Gameplay selbst zu ziehen?
Prinzipiell eine tolle Mechanik, aber sie wird kaum genutzt.

Der Killer
Auch wenn ich das Spiel größtenteils ohne Spoiler angehen konnte, so hatte ich in den letzten Jahren oft davon gehört, dass die wahre Identität des Origami-Killers eine ziemliche Entäuschung sein würde. Und das war sie.
Really? I mean... really?! Scott Shelby ist einer der vier Charaktere die man im Laufe der Handlung von Heavy Rain spielt und er soll der Killer sein?
Er wird uns vorgestellt als Privatdetektiv, der im Autrag der Familien der Opfer den Origami Killer sucht. Doch dann finden wir heraus, dass er in Wirklichkeit der Killer ist, sich an ihrem Leid labt und Beweise vernichten will. Doch das macht überhaupt keinen Sinn. All diese Fälle sind schon längst abgeschlossen und Shelby wird uns als der einzige Mann präsentiert, der sich überhaupt noch um die vergangenen Morde kümmert.


Doch viel schlimmer ist, dass dieser Twist in einem interaktiven Medium einfach nicht funktioniert. In einem Film kann man das vielleicht machen, dass man mehreren Charakteren folgt und versucht "von außen" heraus zu finden, wer der Mörder ist. Aber hier spielt man den Mörder, übernimmt seine Rolle, doch dann lässt das Spiel absichtlich einen Abschnitt aus, in dem der Mord stattfindet. Viel Schlimmer: Wenn man sich die Szene nochmals nachträglich betrachtet, dient Shelbys erschrockene Reaktion einzig und allein dazu, den Spieler zu täuschen.




Die Handlung ist kein guter Krimi, weil es uns in einer der essentiellen Szenen keinerlei Anhaltspunkt dafür gibt, dass er der Killer ist. Ein Twist ist kein guter Twist weil er unerwartet ist. Das hier ist nicht The Sixth Sense. wo die Hinweise da sind, wenn man weiß, worauf man achten muss. Das Spiel belügt uns. Wenn wir stattdessen Shelbys Anhängels Lauren gespielt hätten, wäre der Twist nicht so unsinnig gewesen, und wir hätten einen weiblichen Protagonisten gehabt, der tatsächlich zur Handlung beiträgt.

Damit ist Shelby auch (vermutlich) der einzige Charakter, der im Laufe der Handlung nicht sterben kann. Ich habe es sogar einmal provoziert, in dem Kapitel in dem er und Lauren in einem sinkendem Auto eingesperrt sind. Aber wenn ihr die Szene einfach nur beobachtet ohne einzugreifen, kann sich Scott in letzter Sekunde befreien. Das Spiel, wie in vielen anderen Szenen, tut nur so, als ob ihr eine Wahl hättet.


Fazit
Heavy Rain ist auch ein Spiel, dass anscheinend von mehrmaligem Durchspielen lebt, da die Szenen alle unterschiedlich ausgehen können. Aber die ganze Präsentation und der Ablauf ist schon beim 1. Durchspielen so eine Qual, dass ich mir nicht vorstellen kann ein anderes Ende zu suchen. Die Steuerung ist ätzend, die meisten Szenen furchtbar träge und die Story hat mich einfach nicht berührt. Das Beste was ich über das Spiel sagen kann, ist, dass die Grundidee an sich gut ist und das der Soundtrack ziemlich gut, wenn man währenddessen das Spiel nicht ertragen muss.

Und das ist erst einmal alles, was ich zu Heavy Rain zu sagen habe. Über David Cage selbst reden wir ein andermal.

3 Kommentare:

  1. Heavy Rain ist spielmechanisch an manchen Stellen ätzend, aber diese bedrückende Atmosphäre bringt kein anderes Spiel auf den Bildschirm. Wenn du es nicht geschafft hast, darin einzutauchen, ist das echt bitter für dich und nötigt mir sogar etwas Mitleid ab :)

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  2. Ich hab meine Meinung ja schon bei Twitter kundgetan, aber ich versuch es hier nochmal gesammelt:

    Das lustige ist, ich kann alle Kritikpunkte, die du schreibst, total nachvollziehen. Das Gameplay von HR ist komisch, die Story ist für einen Thriller recht schwach (wäre es ein Buch wäre es einer von denen, die nicht fertig gelesen auf meinem Couchtisch schmorren, wie einige die ich optimistisch aus der Grabbelkiste mitgenommen hab) und die Charaktere könnten auch besser sein. ABER als ich das Spiel gespielt hab, hat es mir wirklich gut gefallen. Nun ist die komische Frage: WARUM?!

    Erstmal Gameplay:
    (Als Story/Atmosphäre/Welt-fixierte Person hasse ich alle Gamer, die als erstes bei jeder Review Gameplay anführen und sagen, es wäre das wichtigste in einem Spiel, ich werde vermutlich ewig dafür gehasst werden von "truen gamern". XD)
    Trotzdem find ich Gameplay nicht unwichtig und das von HR ist echt gewöhnungsbedürftig. Am Anfang des Spiels hab ich mich permanent darüber lustig gemacht. Aber irgendwann hab ich mich vielleicht daran gewöhnt oder damit abgefunden oder was auch immer und es ist mir nur noch in wenigen besonders hakeligen Momenten negativ aufgefallen. An allen anderen Stellen hab ich mich sehr aktiv gefühlt und als ich es vertüddelt hab, mit seltsamen Controllerstick-Bewegungen ein Autofenster aufzumachen (oder was auch immer es war, wie gesagt es ist lange her) und mir deswegen einer der Charaktere wegstarb hab ich mich wirklich so gefühlt, als wäre es meine Schuld gewesen und nicht als hätte ich es wegen der Steuerung versaut. Weil irgendwie diese Tüfteligkeit des Controllers unter Zeitdruck mit dem was auf dem Bildschirm passierte mir das Gefühl vermittelt hat, in einer schwierigen Situation nervös etwas machen zu müssen (und im Endeffekt dran zu failen). Genauso hab ich manche Erfolge, wo mir meine Charaktere nicht egstorben sind, als eigene Erfolge empfunden.... zum Glück wusste ich da noch nicht, dass einer davon nicht wirklich hätte sterben können. ^^°

    Über die Charaktere könnte ich viel meckern und das meiste hast du eh schon geschrieben. Es war mir keiner wirklich sympatisch. Madison mochte ich nur irgendwo, weil ich lieber aktiv Frauen spiele als Männer, aber vermutlich war sie auch nur zu diesem Zweck da. Den FBI-Typen mochte ich immer am wenigsten, aber als er dann tot war (wie schon oben beschrieben), war ich irgendwie etwas niedergeschmettert, weil ich mich vorher an ihn gewöhnt hatte und es etwas schockierend war, seinen Teil der Geschichte GAR NICHT mehr weiterverfolgen zu können. Was ich sagen will: Selbst die nicht wirklich guten Charaktere sind mir irgendwie ans Herz gewachsen und ich wollte sie lebend durch die Story bringen zu irgendeiner Art bestmöglichem Ende, also haben sie anscheinend nicht alles mit ihnen falsch gemacht. Wenn man sich vorstellt, es wären wirklich GUTE Charaktere gewesen, hätte ich vermutlich um meine Toten sogar geweint, schnüff.

    [Teil 1 von 2]

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  3. Wenn man sich jetzt auch noch vorstellt, die Story wäre ein WIRKLICH GUTER Thriller gewesen, omg.... ich hätte HR vermutlich zu dem besten ernannt, was ich jemals gespielt habe. Z.B. auch die Idee, dass man den Killer die ganze Zeit gespielt hat, fidne ich wirklich gut. Was ich nicht gut finde, ist dass man keinerlei Chancen hat, Verdacht zu schöpfen. Vielleicht, wenn man das Gefühl hätte, man HÄTTE es erkennen können und nicht, dass alle Hinweise einfach aus dem spielbaren Teil seines Lebens rausgeschnitten worden sind. Vielleicht hätte man mehrere Ansätze einbauen müssen, die alle irgendwie verdächtig machen könnten. So dass man sich fühlt wie ein Dedektiv, der eine begrenzte Zeit in Köpfe von Menschen schlüpfen kann und dabei einen Killer finden muss. Das wäre auch wahnsinnig cool gewesen.

    Ausserdem muss ich noch zu meiner "Verteidigung" sagen: Ich liebe Kriminalgeschichten und mir fehlen SEHR SEHR SEHR irgendwelche Games, die dieses Thema überhaupt thematesieren. (Vorschläge anyone? Ich spiele sogar die super hässlichen Sherlock Holmes Adventueres, die bei Daedalic kostenlos rausgeschmissen wurden. XD)

    Also abschliessen versuch ich alles zusammenzuführen:
    Ich mag Heavy Rain unter anderem sehr dafür, was es hätte sein können, bzw. für die Richtung, die es gezeigt hat, in die Games vielleicht gehen könnten. Und ich finde, es hat es bei weitem nicht so mies gemacht, wie du es beschreibst, denn ich hab es fast ohne Unterbrechung durchgespielt, weil es mich trotz aller Schwächen gefesselt hat. Wenn eines Tages ein "Heavy Rain" rauskommt, in dem die von mir gewünschten Verbesserungen drin sind, dann werd ich völlig aus dem Häuschen sein.

    ja, ich glaub das war's irgendwie gesammelt. ^^°

    [Teil 2 von 2]

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