Wohoo, endlich mal wieder ein richtiger Post zu einem der zentralen Themen dieses Blogs! Nach einem recht gefülltem 4. Quartal habe ich dieses Jahr bisher hauptsächlich nur auf meine Kritiken auf Gamersunity verlinkt, aber jetzt hab ich wieder was, was in die ursprünglichen Themen dieses Blogs fällt. Nachdem sich im Dezember die FSK so herrlich selbst entlarvt hat, dachte ich mir, vielleicht kriege ich die BPjM zu einem ähnlichem Statement. Aber leider ist es dann doch nicht ganz so einfach. Entweder sind die bei der BPjM deutlich vorsichtiger wenn es um solche Anfragen geht, oder, was bei dieser Antwort ebenfalls sehr warscheinlich scheint, haben sie einfach einen Bot zum Mails beantworten.
Aber erst mal die Mail die ich am Sonntag Mittab abgeschickt habe:
Sehr geehrte Mitarbeiter der BPjM
mein Name ist Konrad Huber und ich habe einige Frage bezüglich der Indizierung von Videospielen. Als Reaktion auf den Amoklauf von Erfurt im Jahr 2002 kam es zu einigen Änderungen im deutschen Jugendschutzgesetz. Unter Anderem wurden die vorher nur freiwilligen Kennzeichnungen der USK für den Handel bindend. Diese Regelung greift auch heute noch, Spiele mit einer “USK 18”-Kennzeichnung dürfen nicht an Minderjährige verlauft werden.
Die Frage ist nun, wenn wir bereits ein System haben, dass den Verkauf von für Jugendlicher nicht geeigneter Ware gesetzlich verbietet, welchem Zweck dient dann noch die Indizierung durch die BPjM? Ich weiß, dass die BPjM Medien indiziert die als “jugendgefährdend” und somit quasi eine Stufe über der 18er Bewertung der USK eingestuft werden, aber warum wird überhaupt zwischen jugendgefährdendem und nicht-jugendgefärdendem Ab18-Material unterschieden? Müsste man nicht davon ausgehen können, dass den Alterskennzeichnungen der USK im Verkauf Folge geleistet wird?
Mit der Indizierung geht bekanntlich ja noch ein Werbeverbot einher und ein Spiel darf nicht öffentlich zum Kauf ausliegen. Aber auch das scheint mir in diesem modernem Zeitalter etwas an der Praxis vorbeizugehen. Wieder einmal scheint die Indizierung nur deswegen in Kraft zu sein, weil die gesetzlich verankerten Bewertungen der USK ignoriert werden. Für Minderjährige sind Erwachsenenspiele im Laden so oder so unerreichbar. Es macht doch keinen Unterschied ob ein Jugendlicher im Regal jetzt die Schachtel für “Bioshock 2” (USK keine Jugendfreigabe, ungeschnitten), “Aliens vs. Predator” (Pegi 18, indiziert) oder “Dead Rising” (Pegi 18, beschlagnahmt), weil er keinen der genannten Titel legal erwerben dürfte. Oder müssen wir davon ausgehen, dass bereits die Verpackung als jugedgefährdend zu bewerten ist?
Auch das Werbeverbot entstammt offensichtlich einer vergangenen Zeit. Selbst wenn Werbung auf der Straße oder Fachmagazinen verboten wird, können sich interessierte Spieler jederzeit über das Internet über neue Spiel informieren. Somit wird das “verstecken” dieser Ware obsolet.
Zusammenfassend komme ich wieder auf die selbe Frage zurück: Wir haben mit der USK ein System, welches den Verkauf von Videospielen im Fachhandel kontrolliert. Wofür also braucht Deutschland eine weitere Institution, die Erwachsenentitel noch weiter kontrolliert und differenziert?
Ich hoffe Sie können mir meine Fragen beantworten.
mfg Konrad Huber
Der Grundgedanke hinter dieser Mail war, dass sich die BPjM möglicherweise verplappert und zugibt, dass sie, ähnlich wie die FSK neulich, tatsächlich nur noch als Zusatzinstanz funktioniert. Aber so doof waren sie dann leider doch nicht.
Die Antwort sah folgendermaßen aus:
Sehr geehrter Herr Huber,
vielen Dank für Ihr Interesse am Jugendmedienschutz!
Der Jugendmedienschutz unterscheidet zwischen jugendbeeinträchtigenden und jugendgefährdenden Inhalten.
Spiele, die ein aktuelles USK-Kennzeichen tragen, sind jugendbeeinträchtigend, aber nicht –gefährdend.
Wie sie richtig bemerkt haben, sind die Verbreitungsbeschränkungen hinsichtlich indizierter (= jugendgefährdender) Spiele weiterghend als bei „USK 18“-Titeln. Die genauen Beschränkungen sind im § 15 Abs. 1 JuSchG geregelt:
1) Trägermedien, deren Aufnahme in die Liste jugendgefährdender Medien nach § 24 Abs. 3 Satz 1 bekannt gemacht ist, dürfen nicht
1. einem Kind oder einer jugendlichen Person angeboten, überlassen oder sonst zugänglich gemacht werden,
2. an einem Ort, der Kindern oder Jugendlichen zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, ausgestellt, angeschlagen, vorgeführt oder sonst zugänglich gemacht werden,
3. im Einzelhandel außerhalb von Geschäftsräumen, in Kiosken oder anderen Verkaufsstellen, die Kunden nicht zu betreten pflegen, im Versandhandel oder in gewerblichen Leihbüchereien oder Lesezirkeln einer anderen Person angeboten oder überlassen werden,
4. im Wege gewerblicher Vermietung oder vergleichbarer gewerblicher Gewährung des Gebrauchs, ausgenommen in Ladengeschäften, die Kindern und Jugendlichen nicht zugänglich sind und von ihnen nicht eingesehen werden können, einer anderen Person angeboten oder überlassen werden,
5. im Wege des Versandhandels eingeführt werden,
6. öffentlich an einem Ort, der Kindern oder Jugendlichen zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, oder durch Verbreiten von Träger- oder Telemedien außerhalb des Geschäftsverkehrs mit dem einschlägigen Handel angeboten, angekündigt oder angepriesen werden,
7. hergestellt, bezogen, geliefert, vorrätig gehalten oder eingeführt werden, um sie oder aus ihnen gewonnene Stücke im Sinne der Nummern 1 bis 6 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen.
Verstöße hiergegen werden als Straftat verfolgt:
§ 27 Strafvorschriften
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
1. entgegen § 15 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 oder 6, jeweils auch in Verbindung mit Abs. 2, ein Trägermedium anbietet, überlässt, zugänglich macht, ausstellt, anschlägt, vorführt, einführt, ankündigt oder anpreist,
2. entgegen § 15 Abs. 1 Nr. 7, auch in Verbindung mit Abs. 2, ein Trägermedium herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält oder einführt,
So weit so schlecht. Anscheinend versuchen sie mich mit Gesetzestexten erstmal mürbe zu machen, in der Hoffnung, dass ich die Antwort nur überfliege. Aber der nächste Abschnitt ist dagegen sehr aufschlussreich.
Der Vertrieb und die Bewerbung indizierter Spiele an Minderjährige ist somit auch im Vergleich zu „USK 18“-Spielen erheblich eingeschränkt. Verstöße haben strafrechtliche Konsequenzen.
Hieraus leitet sich bereits ein gravierender Wirkungsunterschied ab.
Das Indizierungsverfahren selbst ist im Jugendschutzgesetz detailliert beschrieben. Gerne weise ich Sie auf zwei Broschüren der BPjM hin, in denen auf weitergehende Fragen eingegangen wird. Diese sind als Download kostenlos unter folgenden Links abrufbar:
http://bundespruefstelle.de/bpjm/redaktion/PDF-Anlagen/bpjm-thema-jugendmedienschutz-2008,property=pdf,bereich=bpjm,sprache=de,rwb=true.pdf
http://bundespruefstelle.de/bpjm/redaktion/PDF-Anlagen/bpjm-thema-wegweiser-jugendmedienschutz,property=pdf,bereich=bpjm,sprache=de,rwb=true.pdf
Mit freundlichen Grüßen
XXX
So, habt ihr das gelesen?
"Hieraus leitet sich bereits ein gravierender Wirkungsunterschied ab."
Lasst es euch auf der Zunge zergehen. Jugendgefährdende Spiele werden anders behandelt als normale USK 18-Titel. Daraus lässt sich ableiten, dass sie offensichtlich schlimmer sind und somit strenger behandelt werden müssen. This calls for a facepalm pic!
Ja, das ist Lord Z. Ich bin Nerd, verklagt mich.
Jetzt muss ich mir nur noch überegen wie auch diese Mail reagieren soll. Einmal abgesehen von der faszinierenden Kreisbegründung wird in dieser Mail meine Frage nämlich nicht wirklich beantwortet. Ob die bei der BPjM Folgemails ähnlich ignorieren wie im Familienministerium?