Donnerstag, 20. September 2012

It's good to be bad - Zombiepirat LeChuck

Kurzfristig hatte ich überlegt eine Top 10 der besten Bosskämpfe zu schreiben, aber solche Listen gibt es sicher wie Sand am Meer und Psycho Mantis steht eh überall unter den besten 3. Stattdessen möchte ich mal das Scheinwerferlicht auf einen ganz bestimmten Videospielschurken lenken. Der untote Pirat LeChuck aus der Monkey Island-Reihe ist schon ziemlich lange unterwegs und ein tolles Beispiel für einen vielschichtigen und toll genutzten Schurken.
In jedem Spiel der Reihe ist LeChuck entweder der direkte oder indirekte Auslöser der Handlung: In The Secret of Monkey Island terrorisiert er als Geisterpirat die Karibik und entführt Elaine Marley, wodurch der junge Piratenanwärter Guybrush aufbricht sie zu retten. Durch Zwischensequenzen lernt der Spieler LeChuck kennen, wir erfahren, dasss er durch die Karibik segelt und Schiffe versenkt um die Opfer zum Teil seiner untoten Crew zu machen. Das Konzept der piratischen Zwangsrekrutierung mit einem übernatürlichem Twist. Gleichzeitig ist er auch hoffnungslos verliebt in Gouverneurin Elaine Marley und versucht, getarnt als der Sheriff Fester Shinetop, ihr den Hof zu machen. Auch wenn seine Liebe unerwidert bleibt haben wir so einen Schurken der mehr als einfach nur böse ist und eine Motivation jenseits von Mord und Totschlag hat.

Ebenfalls interessant ist, dass es bis zu großen Finale keine direkte Konfrontation zwischen dem Helden Guybrush und dem Schurken LeChuck gibt. Zumindest keines, in dem beide wissen was auf dem Spiel steht. „Aus dem Weg, Fester“, sagt Guybrush noch abfällig nach der Schlägerei im Anwesen des Gouverneurs, ohne zu wissen, dass der Sheriff in Wirklichkeit der gefürchtete untote Seeräuber ist und auch LeChuck ist nicht bewusst, dass er in diesem Moment seinem künftigem Erzfeind gegenüber steht.
Der erste Kampf gegen LeChuck basiert auf einer Methode, die in späteren Spielen immer wieder zum Einsatz kommt. Guybrush ist zwar ein Pirat, aber er besiegt LeChuck nicht etwa in einem dramatischem Fechtduell oder einer epischen Seeschlacht, sondern durch die rasante Anwendung von Hirnschmalz. LeChuck prügelt Guybrush auf sehr comichafte Art und Weise über die ganze Insel bis er irgendwann im kaputten Grogautomaten in Stans Gebrauchtschiffhandel landet. Wir erinnern uns an die Geister-vernichtende Geheimwaffe, die wir von den vegetarischen Kannibalen von Monkey Island bekommen haben: ein mysteriöses Wurzelgebräu. Bevor LeChucks Geisterkinnhaken erneut zum Einsatz kommt bespritzen wir ihn mit einer Flasche Malzbier. Der Trick funktionert, LeChuck explodiert und Elaine und Guybrush genießen das Feuerwerk.
Trotz seines komischen Abgangs ist LeChuck keine Parodie oder Witzfigur wie Dr. Nefarious oder Bowser. Im Secret wird  LeChuck von Anfang an als kaltblütiger Killer etabliert und es gibt quasi keine Witze auf seine Kosten. 



Er ist ein ernstzunehmender Schurke in einem witzigen Szenario. Und im nächsten Teil sollten sich beide Elemente nochmal so richtig steigern.

In den ersten Minuten von Monkey Island 2: LeChucks Revenge ist Guybrush ein gemachter Mann. Er ist stinkreich, quasi-berühmt und auf dem Weg den größten Schatz aller Zeiten zu finden: Big Whoop. Doch durch einen Faux Pax seinerseits kann LeChuck wiederbelebt werden. Nur ist er jetzt kein Geist mehr, sondern ein verrottender Leichnam der nur eines im Sinn hat: Rache an Guybrush Threepwood. Wie auch im ersten Teil bekommen wir LeChuck lange nur in „Währenddessen...“-Zwischensequenzen zu sehen. 
Auch wenn MI2 erneut ein sehr witziges Spiel ist, so schwebt LeChuck doch immer als dunkler Schatten über den Eskapaden des Spielers. Wir erleben mehrmals, dass Guybrush, der sich zu Anfang noch als todesmutiger Draufgänger darstellt, panische Angst vor LeChuck hat. Einmal macht er sich fast in die Hose, als ihn jemand in einem Geisterpiratenkostüm überrascht. 
 
Ein andermal begegnet er LeChuck in einem Alptraum.
Die fröhliche Melodie des Knochensongs wandelt sich in Sekundenschnelle zu einer bedrohlichen Version von LeChucks Thema, die Skelette fliehen und LeChuck steht kurz davor Guybrush auszulöschen. Es ist eine großartige Szene, die im Original viel besser rüberkommt als im Remake.

In Akt 3 stehen sich Guybrush und LeChuck endlich wieder Auge in Auge gegenüber. Und wie es so üblich ist, werden dem Spieler mehrere Möglichkeiten geboten, welchen bissigen Kommentar Guybrush seinem Nemesis ins Gesicht wirft. Aber egal was ihr wählt, er bekommt nichts über die Lippen. Guybrush macht sich fast in die Hose und das zurecht.
Monkey Island 2 ist trotz des höheren Witzeanteils ein düsteres Spiel. Tod ist ein Leitmotiv der Geschichte, Guybrush wandert über Friedhöfe, besucht ein Bestattungsinsitut und untersucht ein Schiffswrack am Grund des Meeres. Mehr als in Monkey Island 3, in dem die Voodoo Lady vorraussagt, dass Guybrush auf Blood Island sterben wird, scheint ein graußamer Tod durch die Hände von LeChuck hier unabwendbar.

Schließlich kommt es zum großen Finale in den Tunneln unter Dinky Island. Lassen wir den Twist am Ende von ME2 einmal außer Acht, immerhin wurde er zu Beginn des 3. Teils ge-retconned. 
An diesem Punkt ist Guybrush echt am Arsch. LeChuck droht ihn mit einer speziell angefertigten Voodoo-Puppe in eine Dimension ewiger Qualen zu verbannen und Guybrush windet sich vor Schmerzen wenn die Puppe benutzt wird. LeChuck dagegen genießt diesen Folterakt deutlich.
Sein sadistisches Grinsen und Guybrushs schmerzverzerrtes Gesicht war auch in den dicken Pixeln von 1991 deutlich erkennbar und ich finde die Szene im Original sogar eindrucksvoller als im Remake.
Erneut gibt es keinen wirklichen Kampf gegen LeChuck, es ist mehr eine Flucht. Ihr hetzt durch die unterirdischen Tunnel und habt immer nur wenige Minuten einen Raum zu durchsuchen und euch eine Lösung für ein Problem einfallen zu lassen, denn jeden Moment kann LeChuck herein kommen und euch das Leben zur Hölle machen. Monkey Island war keines der Point & Click Adventures in denen man sterben konnte, aber das verringert die Bedrohung durch LeChuck keineswegs. Unnerbitterlich verfolgt er euch, während Guybrush hektisch versucht eine Voodoopuppe zusammen zu schustern. Diese Szene funktioniert auch heute noch großartig. Trotz seines schlurfenden Gangs könnt ihr LeChuck nicht entkommen. Der Zombiepirat ist der personifizierte Tod.

Gleichzeitig gibt es hier aber auch einige großartige Comedy-Momente. Guybrush reisst LeChuck die Unterhose aus, klemmt seinen Bart in einem Fahrstuhl ein und nimmt voll Ekel ein von ihm vollgerotztes Taschentuch. Monkey Island ist immer noch primär Comedy, aber trotzdem verliert LeChuck dadurch nicht an Bedrohlichkeit.
Das Szenario ist spannend, der Schurke bedrohlich, die Lösung clever und fordernd, weil ihr in jedem Raum unter Zeitdruck steht und dennoch hält das Spiel an seinen Stärken fest. Letztlich ist es ein unheimlich befriedigender Moment, wenn ihr den Spieß umdreht und LeChuck mit einer Voodoopuppe, gemacht aus den Teilen die ihr ihm direkt entrissen habt, besiegt.

So viel zu LeChuck in Monkey Island 1&2. Man kann noch deutlich mehr über ihn schreiben, aber das hebe ich mir für das nächste mal auf. Und falls ihr noch einen besseren Namen für eine regelmäßige Kolumenreihe über Schurken habt, lasst es mich wissen. ;)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen