Donnerstag, 1. Juli 2010

Zum virtuellen Morden von virtuellen Menschen

Ein anonymer Kommentarschreiber, von dem ich jetzt anhand der Signatur einfach mal vermute, dass es sich um The_Real_Black von Stigma-Videospiele handelt, hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass ich ein Zitat aus dem Appell des AAW an den Bundestag anscheinend falsch gelesen habe.
Unser Appell lautet: Verbot von Killerspielen, die dazu dienen, virtuell Menschen zu ermorden.
Nun wird also nur noch von "virtuellen Menschen" gesprochen, aber verharmlost das die ganze Geschichte nicht massivst?"Oh mein Gott, er hat einen virtuellen Menschen ermordet!"
"Wie jetzt, hat er in Die Sims die Leiter vom Pool entfernt, oder was?"
Soviel dazu. Ich habe mich hier ein wenig verlesen. Es geht nicht um das Ermorden von von virtuellen Menschen, sondern das virtuelle Ermorden von Menschen.

....

....

Moment.
Das virtuelle Ermorden von Menschen?

...ich frag mal kurz das Internet was...

Virtualität

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

(Weitergeleitet von Virtuell)

Virtualität ist die Eigenschaft einer Sache, nicht in der Form zu existieren, in der sie zu existieren scheint, aber in ihrem Wesen oder ihrer Wirkung einer in dieser Form existierenden Sache zu gleichen. Das Wort führt über den französischen Begriff virtuell (fähig zu wirken, möglich) zurück auf das lateinische Wort virtus (Tugend, Tapferkeit, Tüchtigkeit, Kraft, Männlichkeit).

Virtualität spezifiziert also eine gedachte oder über ihre Eigenschaften konkretisierte Entität, die zwar nicht physisch, aber doch in ihrer Funktionalität oder Wirkung vorhanden ist. Somit ist „virtuell“ nicht das Gegenteil von „real“ - obwohl es fälschlicherweise oft so verwendet wird - sondern von „physisch“.

Oft wird auch eine fiktive Figur als virtuell bezeichnet, zum Beispiel in Computerspielen oder im Zeichentrick (englisch Comic, japanisch Anime, Manga). Bekannte virtuelle Charaktere sind unter anderem Max Headroom (siehe auch Cyberspace) und Lara Croft.

Hat das geholfen? Ich bin mir nicht sicher. Wie ermordet man jemanden virtuell? Muss ich mir das vorstellen wie bei Tron? Oder diesem uralt Schinken mit Matthew Broderick wo der mit nem Computer Krieg spielt? Hab ihn nie gesehen, heißt glaub ich Wargames.

Anyway, das ist NICHT das merkwürdige an diesem Satz. Ich habe ein Problem mit dem Wort "Menschen". Das ist ein Thema was ich echt seit einem Jahr mal sehr ausführlich in einer Kolumne behandeln will, aber ich möchte es jetzt hier mal kurz anschneiden. Ist das da ein Mensch?

Wie gesagt, die Frage um die Moral beim ermorden von virtuellen Figuren ist ein Thema dem ich wirklich deutlich mehr Zeit widmen muss, aber was mich wirklich verstört, ist, dass das AAW ohne irgendwelche zweideutigkeit von Menschen spricht. In Computerspielen.

Ich weiß, der Satz fällt des öfteren von Leuten auf meiner Seite der Debatte aber...
Wer hier leidet gleich nochmal an Realitätsverlust?
Ich vertrete schon seit längerem die Ansicht, dass ein gut inszeniertes Videospiel genauso gut dazu geeignet ist eine dramatische Geschichte mit interessanten Charakteren zu erzählen wie ein anderes Medium, aber ich würde selten so weit gehen und die meisten Gegner als Menschen zu bezeichnen die ich ermorde. In den meisten Actiontiteln sind die Figuren um denen es dem AAW geht (sofern die überhaupt noch irgendeine Vorstellung ihrer Forderungen haben) schlicht und ergreifend Kanonenfutter. Ein Hindernis das es zu überwinden gilt.
Klar, natürlich können NPCs mehr sein, aber das ist nicht immer so. Und garantiert nicht in das, was sich das Aktionsbündniss unter "Tötungsimulatoren" vorstellt. :P



Wenn es jetzt ein Spiel gäbe in dem jeder Charakter so ausgefeilt und, well... "menschlich" wäre wie Alyx Vance, DANN hätten ihre Argument vielleicht ein bisschen Halt.

1 Kommentar:

  1. Ja, diese Sache mit "Menschen ermorden" geht mir als Germanist auch immer gegen den Strich. Das würde nämlich, wie du sagst, wirklich bedeuten, dass ich auf einen Knopf drücke, und irgendwo jemand tot umfällt.

    Was mich besonders erstaunt: Sogar Domian, den ich sonst immer klasse finde und der in seiner Sendung immer differenziertes Denken an den Tag legt, sprach mal in einer seiner Shows davon, dass man ja sehr wohl Menschen in diesen Spielen tötet. Nein: Die Figur, die man spielt, tötet andere, menschliche Figuren.

    Da besteht ein Unterschied. Zwischen Bild und Objekt ist eine Differenz. Die hat es sogar in die Kunst geschafft: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/en/b/b9/MagrittePipe.jpg

    http://de.wikipedia.org/wiki/La_trahison_des_images

    Aber wenn es um den neuen Medienteufel geht, denken einige nicht mehr so weit.

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