Dienstag, 5. Oktober 2010

Der F.A.S. Filmtest

Es gibt in den Reihen der deutschen Print-Medien so einige Vertreter denen ich gerne mal die Meinung geigen würde. Der ZEIT bin ich ja bekanntlich umheimlich dankbar für die doppelte Verlinkung im vergangenen Mai, aber es gibt auch da auch noch andere Vertreter der Presse denen ich nicht so wohl gesonnen bin. Was ich von der BILD halte, hab ich erst kürzlich ja genauer ausgeführt und auch die FAZ, um die es heute geht, hat sich auch schon zu Genüge blamiert.

Am vergangenem Sonntag fand sich in der F.A.S., also der Frankfurter Allgemeinem Sonntagszeitung, ein Artikel über die FSK. In diesem Artikel wird kritisiert, was die FSK denn heute alles unter dem "ab 12"-Siegel durchwinken würde. Die Autorin Florentine Fritzen geht gleich zu Beginn in die Vollen und zieht ihre Leser in den Bann mit einer Auflistung von schlimmen Szenen wie sie anscheinend in 12er Streifen zu sehen sind:
Wer sind die Leute, die entscheiden, dass zwölf Jahre alte Kinder diese Dinge sehen und hören dürfen? Den Jungen, dem die Augen weggebrannt werden. Den Pubertierenden, der seiner nackt neben ihrem Liebhaber schlafenden Mutter zwischen die Beine fasst. Die kleinen Jungen, die mit einem Beil abgeschlachtet werden. Den Mann, der seiner Freundin in einem Swingerclub in die Augen schaut, während sie mit einem anderen Mann Sex hat. Die Menschen, die aus nächster Nähe erschossen werden. Das Blut, das spritzt. Die Wörter, die Erwachsene für verschiedene Sexualpraktiken verwenden, und das viele Reden über Sex.
Ich möchte mich an diesem Punkt nicht darüber beklagen wie reißerisch das ganze aufgezogen ist. Wer Leute für einen längeren Artikel interessieren will, der muss sie auch gleich zu Beginn in ihren Bann ziehen. Persönlich wären mir an diesem Punkt ein paar Namen lieb gewesen.
Auch wenn es nur als Einleitung gedacht ist, stehen wir hier aber vor dem klassischem Problem von mangelndem Kontext und ich bin mir nicht sicher ob das weglassen des Namens diese Situation verbessert. Aber ich wollte mich ja nicht an dem Teil aufhängen, gehen wir mal weiter im Artikel.

Es folgt eine kurze Zusammenfassung der Arbeit der FSK und ein sehr interessanter Fakt:
Die Produktionsfirmen lassen sich die Prüfung daher etwas kosten: 46 Cent pro Filmmeter zahlen sie an die FSK, das macht bei einem durchschnittlichen Kinofilm von 2700 Metern 1242 Euro plus Mehrwertsteuer.
Ich will diese Aussage nicht auseinandernehmen, dachte mir aber sie sollte extra hervorgehoben werden. Keine Ahnung inwiefern so etwas berechnet wenn ein Film digital aufgenommen wird. Für eine durchschnittliche Filmproduktion, selbst wenn sie nicht aus Hollywood stammt, sind 1200 Euro doch eher kleine Fische, oder? Um mal wild ein Beispiel raus zu suchen: die deutsche RomCom Keinohrhasen mit Til "der Mann ist nie im Leben Schauspieler" Schweiger kostete laut Wikipedia läpische 4,2 Millionen Euro.

Aber ich schweife ab, wie schon so oft. Zurück zum eigentlichen Artikel.

Laut einem der FSK-Prüfer wäre eine Freigabe "ab 14" alles deutlich einfacher, weil der Schritt zwischen 12 und 16 so groß wäre. Das ist prinzipiell gar keine so doofe Aussage. Schauen wir uns ausländische Bewertungssystem an, kommen wir zu einem ähnlichen Schluss. In England z.B. gibt es ein 12er, dann ein 15er und letztlich das 18er Rating. Das System zu ändern ist natürlich leichter gesagt als getan:
An den historisch gewachsenen Freigabestufen will sie aber nicht rütteln. Weil sie "bekannt und gelernt" seien - und wegen des "Überprüfungsproblems" an den Kinokassen, wenn die Altersfreigaben stärker abgestuft würden: "Dann müsste man eine Kinderausweis-Tragepflicht einführen."
Gerade das Argument mit den Kinderausweisen kann ich sogar noch nachvollziehen. Insgesamt ist der Artikel durchaus Lesenswert, aber darüber wollte ich eigentlich gar nicht reden. Eigentlich geht es mir um den offiziellen FSK12 Filmtest der F.A.S.
Ich habe mich diesem Test ein paar entscheidende Probleme.
  1. Zum einen würde ich gerne wissen, was genau die FAZ-Redaktion meint so viel besser machen zu können als die FSK selbst. Ich bin bin bekanntlich jetzt kein wahnsinnig großer Freund deutscher Bewertungsbehörden, aber ich finde es auch nicht so toll wenn selbsternannte Moralapostel auf die Idee kommen sie könnte das deutlich besser machen. Christian Pfeiffer hat auch schon versucht auf ähnliche Weise die USK zu untergraben, in dem Mitarbeiter des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachen sich durch eine Reihe von 16er und 18er Games gespielt habem um dann der Welt zu verkünden, dass sie die Spiele ganz anders bewertet hätten.
  2. Die Auswahl der Filme. Wenn sie sich jetzt auf Actionfilme wie James Bond, Transformers oder Van Helsing beschränkt hätten, wäre das nicht so tragisch. Aber in der Liste finde ich einige Filme die man vielleicht nicht einfach nur nach dem Gewaltgrad beurteilen kann. Der Untergang, Schindlers Liste, Die Welle. Ich halte Filme mit historischem Hintergrund für eine sehr gute Methode, zumindest als Ausgangspunkt, Jugendlichen ein gewisses Maß an historischen Fakten zu ermitteln. Nicht zuletzt weil Schindlers Liste vielleicht einfach nen größeren Eindruck hinterlässt als den Stoff im Unterricht durchzukauen. Darauf kann man später immer noch aufbauen. - Filme wie Die Welle auf der anderen Seite haben eine Botschaft die vielleicht gerade Jugendliche zwischen 12 und 16 erreichen sollte. Möglicherweise hat die Neuverfilmung nicht ganz die selbe Wirkung wie das geschriebene Original, aber wenn dieser Film ab 16 wäre würde das sicher an der Zeilgruppe vorbei gehen.
  3. Und wieder einmal werden Szenen völlig aus dem Kontext gerissen um alleine an den Pranger gestellt zu werden. Hey, na sowas! Schon wieder was wofür ein Pfeiffer bekannt ist. Das bringt echt jedes mal wieder auf die Palme. Wenn irgendein Besserwisser so eine Szene völlig aus der Gesamthandlung reisst und dann darüber lästert. Ich würde an diesem Punkt nur zu gerne direkt aus den Filmbeschreibungen zitieren, aber leider ist das ganze Ding so formatiert, dass ich den Text dort nicht markieren kann. - Ja, die dort beschriebenen Szenen sind alle brutal, aber eben nur weil man sie alleine betrachtet. Das Spiel kann ewig weitergespielt werden. Wie wäre es mit einem Film in dem angedeutet wird, dass der Schurke von seinen Untergebenen zerfleischt wird? Der ist von Disney. Oder soll ich von den diversen Verstümmelungen in einer weit, weit entfernten Galaxis anfangen?
  4. Es werden Szenen aus Transformers 2 beschrieben, obwohl das Cover und der Titel auf den ersten Film deuten. Das ist wirklich nur ein ganz kleiner Kritikpunkt im großen und ganzen, aber es nervt.

All das hätte nur ein weiterer Fall von moralischem Enthusiamsmus sein können, über den man kurz berichtet und der dann unter den Teppich gekehrt wird. Dieses mal könnte das allerdings schwieriger werden, denn jetzt nimmt sich die Bundesfamilienministerin Kristina Schröder der Sache an.
"Filme, in denen die Helden sich durch antisoziales, destruktives oder gewalttätiges Verhalten auszeichnen, können für die Entwicklung von Zwölfjährigen sehr gefährlich sein. Eltern müssen sich darauf verlassen können, dass da, wo FSK 12 draufsteht, auch FSK 12 drinnen ist. Was die F.A.S. aufgezählt hat, lässt mich daran zweifeln."

...

Aufgrund des Berichts der F.A.S. will die Bundesfamilienministerin nun schnellstmöglich das Gespräch mit der FSK suchen, um ihre Begründung für diese Freigaben zu hören. Dabei gehe Frau Schröder mit einer klaren Prämisse in das Gespräch: "Priorität hat der Kinderschutz, nicht der Kommerz."
Auf die Gefahr hin, dass das jetzt ein wenig egoistisch klingt: Das ist so eine Art Worst Case Szenario für Filmfans. Denn noch geht es nur um 12er Filme, was alleine eigentlich schon schlimm genug ist. Aber was ist, wenn Frau Schröder dann auf die Idee kommt sich mit dem bereits viel zu striktem Rest des deutschen Jugendschutzes auseinander setzt? Mein Brief an sie damals, wurde ja von ihren Lakaien abgefangen, aber es scheint als würde sie eine ähnliche Schiene wie ihre Vorgängerin fahren.

Ich weiß nicht was sich aus dieser Sache noch entwickeln wird, aber ich mache mir Sorgen darum, was passieren könnte wenn die neue Familienministerin beschließt bei der FSK Hausputz zu betreiben.

*Ninja vanish*

3 Kommentare:

  1. Besonders toll die Kritik an "Hangover"... Sind die Leute noch nie an einer Grundschule vorbeigelaufen oder mussten zu Schulschluss mit der S-Bahn fahren? Wenn "Hangover" wegen der Sprache ab 16 freigegeben werden sollte, dann müsste man auch die Grundschule ab 16 Jahren freigeben. :-D

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  2. Die Dame braucht vier Sätze dann kommt: "Und warum entscheiden die Verantwortlichen so verantwortungslos?"
    Das geht schnell bei ihr. Den Rest heb ich mir für eine Musestunde auf.
    Ich versteh Altersfreigaben als Empfehlung. In einer Kategorie sind ja immer mehrere Jahrgänge vertreten. Hier in diesem Fall neben den Zwölfjährigen auch die Fünfzehnjährigen. Die würde es ja dann auch treffen. Oder möchte Florentine eine Alterseinstufung für jedes Alter separat?
    Es weiß doch eh kein Außenstehender wie weit mein Filius schon ist und was ihn bewegt, interessiert, berührt. Ich bilde mir ein, das zu wissen und pfeife deshalb auf staatliche Vorgaben. Noch, Florentine, Regine und wie ihr alle heißt, ist an meiner Wohnungstür Schluss für euch.

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  3. Wirklich ein guter Artikel! Mich nervt die Killerspieldisskusion ebenfalls, ich selbst habe in jungen Jahren auf dem 486er mit einem indizierten ID Shooter angefangen zu zocken und habe selbst heute - gut 15 Jahre später - noch immer keine Ambitionen um sinnlos Gewalt zu verüben. Dem Beitrag von purchaser kann ich nur zustimmen!

    Lord_Faethor

    http://faethorswunderstunde.blogspot.com/

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